„Kann mich bitte jemand zum Friedhof fahren?“
Das fragte eine dünne Frauenstimme vorsichtig am Telefon. Mein erster Gedanke: „Dafür gibt es doch in unserer Stadt ein Anrufsammeltaxi, das man für kleines Geld und kurze Wege nutzen kann.“ Ich schwieg und hörte erst mal weiter zu. „Wissen Sie, mein Mann ist vor sechs Wochen gestorben und mir ist es ein Bedürfnis ab und zu auf den Friedhof zu gehen. Meine Familie mag ich nicht dauernd darum bitten. Ich bin doch so schlecht zu Fuß und es ist Winter.“ Es flossen die Tränen und sie erzählte mir, wie sehr sie das alles mitnimmt. Die Frau hatte die Nummer des Ökumenischen Helferkreis gewählt. Und ich konnte ihr zuversichtlich antworten: Ja, wir haben jemanden, der Sie abholt und mit Ihnen zum Friedhof geht.
Die Menschen, die sich in unserem Kreis engagieren sind alles Ehrenamtliche, die sich Zeit nehmen und ein Herz haben für Andere. Wir besuchen, begleiten, reparieren, springen für die Mama ein, oder helfen bei Behördengängen. Alle Mitarbeitende werden auf ihren Dienst vorbereitet, erhalten eine Basis-Ausbildung für Besuchsdienst und können regelmäßig an Supervision und Fortbildungen teilnehmen. Das ist der praktische äußere Rahmen.
Fahrdienst bestellt und Zuwendung bekommen
Ich suchte also eine Person aus, die nicht nur einen Fahrdienst übernimmt, sondern sich auch gut auf die Situation einer Trauernden einstellen kann. Die beiden haben sich verabredet und fuhren also gemeinsam zum Friedhof. Schon am Tor liefen der Frau die Tränen und sie nahm dankbar den Arm ihrer Begleitung. Gemeinsam gingen sie zum Grab. Und sie erzählte, wie ihr Mann gestorben ist, und wie sehr sie von der Situation überfordert war. So viele Entscheidungen, und nie war sie sich sicher, ob ihr Mann das überhaupt so gewollt hätte. Sie stand total verunsichert und hilflos weinend am Grab. Unsere Mitarbeiterin hielt einfach ihre Hand und hörte zu. So standen die beiden noch eine Weile da, beide still. Die Frau schien auf etwas zu warten. Unsere Mitarbeiterin schaute sie an und fragte leise: „Möchten Sie, dass ich ein Gebet spreche?“ Sie nickte dankbar und fasste stärker nach ihrer Hand. Auf dem Nachhauseweg bedankte sie sich dafür, dass sie so vieles erzählen durfte, ihr jemand zugehört hat und vor allem dankte sie dafür, dass sie nicht alleine am Grab stehen musste. „Ich hatte ja eigentlich einen Fahrdienst bestellt – und jetzt bekomme ich so viel Beistand.“ Die beiden haben sich dann häufiger verabredet, und es entwickelte sich ein kleines Ritual. Abholen, Blumen einkaufen, zum Grab gehen und ein kurzes Gebet zum Abschluss des Besuches.
Unsere Mitarbeiterin war für ihren Dienst gut vorbereitet, auch wenn sie keine Vorstellung davon hatte, was sie im Detail mit einer Trauernden erleben wird. Sie hat sich einfach Zeit genommen und sich bei den Besuchen ganz auf die Frau eingestellt. Nicht immer sind Worte nötig, sondern manchmal ist zuhören und da sein viel hilfreicher, den Arm reichen oder eben ein Gebet sprechen.
Anleitung zum Segnen
Als Ökumenischer Helferkreis verstehen wir uns als Menschen, die „von der Kirche“ kommen. Entsprechend werden die Mitarbeitenden angeleitet und ermutigt, situationsbezogen ein Gebet anzubieten, aus der Bibel vorzulesen oder einen Segen zu sprechen. Neben der überwiegend sehr praktischen Hilfe, die wir leisten, möchten wir anderen die tröstende und stärkende Wirkung von Gottes Segen und persönlichem Gebet nicht vorenthalten. Unsere Mitarbeitende können beides: beten und arbeiten. Und sie spüren, wann was dran ist und passt.
Veröffentlichung:
Impuls Gemeinde 1.2017 „Gabenreiche Kirche“
Foto:Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay