Unser Kind kommt in die Schule. Wer kennt nicht dieses mulmige Gefühl: dieser kleine Knirps, den man gefühlt vor ein paar Monaten zur Welt gebracht hat, soll nun in die Schule gehen, seinen Schulweg selbständig bewältigen und sich auf dem großen Pausenhof zurechtfinden? Als Eltern hin- und hergerissen zwischen dem Zutrauen in das eigene Kind und der Unsicherheit, ob es ihm dabei auch wirklich gut geht. Mir – der Mama – ging es zumindest so.
Ob wir von alleine darauf kamen, oder von irgendwoher den Tipp bekamen– keine Ahnung. Auf alle Fälle haben wir ein Ritual an der Haustür begonnen. Kurz über den Kopf unseres Sohnes streicheln, ein kleines Gebet um Schutz und Bewahrung und Gottes Segen für den Tag. 30 Sekunden mit Wirkung. Das hat sich so eingespielt: beim Verlassen des Hauses, nicht nur zur Schule, sondern auch wenn er zum Sport oder in die Jungschar ging.
Als Eltern hat es uns gutgetan. Besonders ich als Mutter konnte meine Sorge in etwas Konstruktives umlenken. Wenn wir unseren Kindern das Beste mitgeben, was Eltern geben können, Gottes Segen, was soll ihnen dann geschehen?
Darf ich auch?
Als unser zweiter Sohn in die Schule kam, haben wir unser Ritual beibehalten. Nein, eigentlich erweitert. Unser zweiter Sohn wurde immer von einem Nachbarsjungen abgeholt. Und dem hat das gefallen, wie wir uns an der Tür mit unseren Jungs verabschieden. Er fragte: „Darf ich auch?“ Natürlich. Die Mutter haben wir nachher gefragt, ob das so in Ordnung ist. Obwohl nicht kirchlich sozialisiert, fand sie das sehr schön – und erlaubte es uns.
Wir segnen unsere Jungs auch jetzt noch, aber nicht mehr jeden Tag. Mittlerweile sind sie erwachsene Männer. Das über den Kopf streicheln gibt es nicht mehr. Stattdessen legen wir den Jungs die Hand auf die Schulter. Bei Zwei-Meter-Männern ist das praktischer. Aber wir nutzen besondere Tage, um sie zu segnen: ihren Geburtstag und ihren Tauftag, als sie ihr Studium begonnen haben, vor Prüfungen oder als sie ausgezogen sind – oder wenn sie von selbst darum bitten.
Für unsere damals noch kleinen Jungs war es übrigens ganz selbstverständlich, dass sie auch uns Eltern segnen. Vor einer längeren Dienstreise, einer schwierigen Aufgabe oder in besonderen Situationen sprechen sie auch jetzt einen Segen über uns aus.
Dass wir uns als Familie gegenseitig segnen ist für uns ganz normal. Weder fremd noch komisch. Für uns gehört es dazu – und jeder kann und jeder darf.
Veröffentlicht in: Impuls Gemeinde 1.2017 „Gabenreiche Kirche“
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